Wir sehen einen Trend zur Nachhaltigkeit

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Coronakrise «Wir sehen einen Trend zur Nachhaltigkeit»

Publiziert am 06.08.2020

Der Lockdown im vergangenen Frühling hat die Schweiz zu einem Volk von Onlineshopperinnen und -shoppern gemacht. Welche Onlinehändler davon besonders profitieren und welche Anforderungen ein Onlineshop für ein rasches Wachstum erfüllen sollte, weiss E-Commerce-Experte Thomas Lang.

In der Coronakrise sind die Onlinekäufe massiv gestiegen. Ist das nur ein kurzfristiger Hype oder erwarten Sie ein starkes nachhaltiges Wachstum?

Thomas Lang: Kurzfristig hat sich der Umsatz beim E-Commerce verdoppelt. Das liegt zum Teil daran, dass die Konsumentinnen und Konsumenten während des Lockdowns keine Käufe im stationären Handel tätigen konnten. Bei einem weiteren Teil dieser Zunahme handelt es sich um einen nachhaltigen Effekt. Bis Ende Jahr erwarten wir ein Plus von 30%. In den letzten Jahren waren es jeweils rund 10%. Durch die Coronakrise hat der Onlinemarkt bei seinem Wachstum also zwei bis drei Jahre übersprungen.

Welche Onlinehändler sind die Gewinner der Krise?

Für die Arbeit im Homeoffice haben sich viele Leute mit Bürogeräten wie Webcams, Mikrofonen und grösseren Bildschirmen eingedeckt. Ein unglaubliches Wachstum verzeichnen aber auch Onlineshops im Freizeitbereich, etwa für Sportgeräte, Möbel und Accessoires sowie von Baumärkten. Hier zeigt sich: Die Bevölkerung hatte in den vergangenen Monaten mehr Zeit für Sport, Garten und zum Verschönern der eigenen vier Wände.

Wie hat sich das Kaufverhalten online und offline verändert?

Erstens sind die Mengen gewachsen. Die Konsumentinnen und Konsumenten haben deutlich mehr gekauft. Zweitens gibt es online mehr Zielkäufe. Die Kundinnen und Kunden wissen genau, was sie brauchen. Eine dritte Beobachtung: In physischen Shops kaufen viele Leute nach wie vor mit angezogener Handbremse ein. Sie wollen das Getümmel vermeiden und fragen sich: Muss ich wirklich in einen Laden oder bestelle ich das Produkt nicht lieber schnell online?

Erkennen Sie einen Trend zu Regionalität und Nachhaltigkeit?

Wir sehen vor allem einen Trend zur Nachhaltigkeit. Dabei spielt wohl das schlechte Gewissen mit. Wenn sich die Konsumentinnen und Konsumenten schon so viel nach Hause liefern lassen, wollen sie auch etwas Gutes tun. Das zeigt sich zum Beispiel am rege genutzten Angebot des Onlinehändlers Digitec Galaxus, auf seinen Portalen klimaneutral einzukaufen. Die Kundinnen und Kunden können das CO2, das von der Herstellung bis zur Anlieferung der Artikel anfällt, freiwillig kompensieren. Bei Lebensmitteln wiederum achten immer mehr Leute auf die Lieferkette. Sie möchten wissen, woher die Produkte kommen.

Welche Anforderungen muss ein Onlineshop erfüllen, um vom Wachstum beim E-Commerce profitieren zu können?

Bei einem starken Wachstum geht es primär darum, die Organisation in kurzer Zeit hochzufahren. Besonders wichtig sind dabei die Prozesse vor und nach dem eigentlichen Kauf. Das Unternehmen muss lieferfähig sein, die Waren rasch rausbringen. Denn die Kunden erwarten eine schnelle Lieferung, am besten innert 24 Stunden. Einen weiteren Fokus sollten die Unternehmen auf die steigenden Volumina beim Kundendienst legen – auf die vielen Anliegen, die vor allem per E-Mail und Telefon eintreffen. In der Coronakrise bedeutet das eine echte Herausforderung. Denn die Shopbetreiber müssen selbst auch Schutzmassnahmen einhalten und können ihre Kapazitäten oft nicht voll ausschöpfen.

Wie sieht es mit technischen Anpassungen aus?

Der Onlineshop muss technisch so auf höhere Besucherzahlen vorbereitet sein, dass er nicht langsamer wird. Zudem sollten Onlinehändler für Gebrauchs- oder Konsumgüter ihren Kundinnen und Kunden anbieten, per Rechnung zu bezahlen. Wer wachsen will, kommt um diese Bezahloption kaum herum. Denn sie ist in der Schweiz – verglichen mit anderen Ländern – besonders beliebt: 70 bis 80% der Onlineshopperinnen und -shopper nutzen sie.

Zur Person

Thomas Lang ist Gründer und Geschäftsführer der Carpathia AG, der unabhängigen und neutralen Unternehmensberatung für Digital-Business, E-Commerce und Digitale Transformation im Handel. Er unterstützt Unternehmen unter anderem bei der Strategieentwicklung von digitalen Vertriebsmodellen, beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen und mit Expertisen rund um den Onlinehandel.

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