«Wir sind dankbar, auf so viele engagierte Mitarbeitende und Partner zählen zu dürfen»

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Coronakrise «Wir sind dankbar, auf so viele engagierte Mitarbeitende und Partner zählen zu dürfen»

Publiziert am 19.06.2020

Die Post verarbeitete während des Corona-Lockdowns so viele Pakete wie noch nie zuvor. Was nimmt die Post aus dieser herausfordernden Zeit mit? Stefan Luginbühl, Leiter Paket National/International, hat Antworten.

Weil die meisten Läden während der ausserordentlichen Lage geschlossen waren und häufiger online eingekauft wurde, stieg die Paketmenge von Tag zu Tag: zuerst um 17 Prozent im März (gegenüber dem Vorjahr im März), um 40 Prozent im April und immer noch um über 30 Prozent im Mai. Onlinehändler und Logistiker stiessen an ihre Grenzen. Wie die Post mit der Paketflut umgegangen ist, erklärt Stefan Luginbühl.

Die Post hat ihr Standortnetz vor rund 20 Jahren auf drei grosse Paketzentren in Härkingen, Frauenfeld und Daillens reduziert. War das aus heutiger Sicht ein Fehler?

Nein, gar nicht. Damals gingen die Paketmengen von Jahr zu Jahr zurück. Dass es heute selbstverständlich ist, dass wir Kleider, Elektronikartikel oder auch Lebensmittel in diesen Mengen online kaufen, war damals nicht absehbar. Die Paketverarbeitung war zu dieser Zeitstark defizitär.

Die Post ist nun aber, was das Paketvolumen betrifft, sehr stark an ihre Grenzen gekommen.

Das ist richtig. Wir konnten die gewohnt hohe Qualität und Pünktlichkeit während der Krise nicht in jedem Fall einhalten. Ein Grossteil der Pakete konnte aber rechtzeitig zugestellt werden. Wir verzeichneten innert weniger Tage einen Mengenzuwachs von bis zu 40 Prozent. Wir sind es uns gewohnt, auf Volumenschwankungen zu reagieren. Die Mengenzunahme erfolgte jedoch in so kurzer Zeit, dass wir die nötigen Verarbeitungskapazitäten nicht parallel hochfahren konnten. Zusätzlich hatten wir die Herausforderung der Social-Distancing-Vorgaben. Es war nicht möglich, Personal aufzustocken und gleichzeitig die Abstandsregeln strikte einzuhalten. Auf der anderen Seite hatten wir Vorteile in der Zustellung. Dadurch, dass viele Kundinnen und Kunden zuhause waren, lag die Erstzustellrate bei 98 Prozent.

Schon ein paar Mitarbeitende mehr hätten doch das System entlastet.

Neben zusätzlichen Mitarbeitenden mussten wir zusätzliche Maschinen-Kapazitäten, zusätzliche Transporte auf der Strasse und der Schiene und zusätzliche Fachspezialisten aufbauen. Wir stellen auch schrittweise zusätzliche Mitarbeitende an. Diese mussten jedoch zuerst angelernt werden. Die Gesundheit der Mitarbeitenden hatte aber klar oberste Priorität. Gleichzeitig war unser Ziel immer, die Paketversorgung aufrecht erhalten zu können, wenn auch teilweise mit Angebotseinschränkungen. Wäre es zu Corona-Ansteckungen in einem Paketzentrum gekommen, hätte dies die Schliessung dieses Zentrums bedeuten können.

Wie war der Austausch mit den Partnern? Die Zufriedenheit mit der Post war wahrscheinlich schon höher, oder?

Natürlich gab es kritische Stimmen zu unseren Angebotsanpassungen und zu verspäteten Sendungen. Auch für uns ist jedes verspätete Paket eines zu viel. Im Allgemeinen war jedoch der Austausch mit unseren Kunden positiv: Wir spürten viel Solidarität – von den Kunden, aber auch von den Kolleginnen und Kollegen anderer Bereiche der Post. Einzelne Grosskunden sortierten beispielsweise in Abstimmung mit uns ihre Pakete nach Grösse und Einzugsgebiet vor. PostMail griff uns zusätzlich bei der Sortierung der Pakete stark unter die Arme.

Die Paketmengen sind inzwischen wieder leicht zurückgegangen, aber noch immer sehr hoch. Wird das zum Dauerzustand?

Darüber lässt sich nur spekulieren. Ich gehe aber davon aus, dass diese Krise dem Onlinehandel zusätzlichen Schub verleiht. Wir sind für die Zukunft gut aufgestellt: Im Herbst nehmen wir zwei weitere regionale Paketzentren in Vétroz VS und in Untervaz GR in Betrieb. Im Moment gilt es aber, die noch immer aussergewöhnlich hohen Mengen zuverlässig zu verarbeiten. Zudem sind wir bereits in der Planung der Monate November und Dezember. Ich erwarte hier neue Rekordmengen.

Welche Lehren zieht die Post bezüglich der Paketverarbeitung aus dieser aussergewöhnlichen Zeit?

Wir sind nur erfolgreich, wenn wir über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinweg zusammenarbeiten. Wir sind sehr dankbar, auf so viele engagierte Mitarbeitende und Partner zählen zu dürfen. Die Krise ist noch nicht ausgestanden. Jetzt gilt es, das Leistungsangebot von vor Corona schrittweise hochzufahren. Zusätzlich werden wir die richtigen Schlüsse aus den Corona-Erfahrungen ziehen.

Rekordzug: Der Paketzug vom Pfingstmontag auf dem Weg von Härkingen nach Frauenfeld mit 31 Wagen (552 Meter Länge) und 952 Tonnen Gewicht.
Zur Person

Stefan Luginbühl arbeitet seit 37 Jahren in verschiedenen Funktionen bei der Post. Seit 2008 zeichnet er als Leiter Paket National/International für die Paketverarbeitung und die Postverzollung verantwortlich. Zurzeit leitet er ausserdem den Krisenstab PostLogistics und ist im Krisenstab Post vertreten.

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