«In der Weihnachtszeit entspricht ein Tag einer normalen Woche»

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Weihnachtsgeschäft «In der Weihnachtszeit entspricht ein Tag einer normalen Woche»

Publiziert am 05.12.2023

Auch dieses Jahr liegen unter dem Tannenbaum wieder vielerorts Fotogeschenke. René Baumann, General Manager DACH von smartphoto, spricht im Interview mit Logistikpunkt über die Herausforderung, welche die wichtigste Zeit des Jahres für sein Unternehmen mit sich bringt.

Portrait René Baumann
René Baumann, General Manager DACH von smartphoto

Herr Baumann, wie muss man sich die Weihnachtszeit bei smartphoto vorstellen?

René Baumann: Natürlich nehmen Nervosität und Hektik zu. In der Weihnachtszeit gilt: Zeit ist Geld. Ich sage meinem Team immer: Ein Tag entspricht nun einer normalen Woche und eine Woche einem Monat. Nicht nur der Umsatz ist viermal so hoch wie normal, sondern auch die Marketingausgaben. Wir müssen alle Massnahmen wie auch Kundenreaktionen häufiger kontrollieren und schneller reagieren.

Wann fängt bei smartphoto Weihnachten an?

Bereits im Sommer. Im August beginnen wir mit der Planung. Die ersten Bestellungen treffen dann Mitte Oktober ein. Ab dann nehmen bei uns insbesondere Bestellungen von Fotokalendern und Fotobüchern sowie von typischen Fotogeschenkeartikeln stark zu. Zu diesem Zeitpunkt ging auch dieses Jahr unsere Weihnachtskampagne mit Gratis-Versand und bis 25 Prozent Rabatt live.

Also gibt es tatsächlich Leute, die bereits im Oktober ihre Weihnachtsgeschenke bestellen?

Ja! Einige unserer Kundengruppen denken diesbezüglich etwas weiter voraus und scheinen disziplinierter zu sein. Diese Kunden proftieren oft auch von unserer Early Bird Aktion für vergünstigte Gutscheine, die wir schon im September kommunizieren. Übrigens: Es handelt sich dabei mehrheitlich um Frauen. Das deckt sich mit meinen Beobachtungen aus meiner eigenen Familie (lacht).

Das andere Extrem sind die Leute, die auf den letzten Drücker bestellen. Sind das viele?

Es sind sogar sehr viele. Die Tendenz, dass sich der letzte Peak der Bestellungen immer mehr nach hinten verschiebt, hat sich in den letzten Jahren verschärft. Das stellt eine immer grösser werdende Herausforderung für uns dar.

Haben Sie eine Erklärung für diese Entwicklung?

Ich vermute, es hat damit zu tun, dass andere Onlinehändler immer kürzere Lieferzeiten anbieten. Die Leute sind etwas verwöhnt geworden und vergessen manchmal, dass wir nicht Digitec Galaxus, Amazon oder Brack sind.

Wie meinen Sie das?

Wir können unsere Produkte nicht einfach aus dem Lagerregal nehmen, in ein Paket stecken und versenden. Bei uns ist’s etwas komplizierter. Wir müssen erst die digitalen Daten, die die Kunden hochladen, verarbeiten. Wenn sie gedruckt sind, werden sie noch kontrolliert, geschnitten, veredelt mit Lack oder ähnlichem, bei Fotobüchern werden die Cover mit den Innenseiten «verheiratet». Manche Produkte wie die Fototassen werden im Ofen gebacken und müssen anschliessend trocknen. Erst dann können wir die Produkte verpacken und der Post übergeben. Auch die Produkte mit Gravur oder Stickerei sind personalisierte Unikate und müssen gemäss der Online-Gestaltung der Kunden zuerst produziert werden.

Same Day Delivery ist für Ihre Branche also kein Thema.

Nein, aber bei rund 200 Produkten unseres 900 Produkte umfassenden Sortiments kommen wir schon nahe dran. Wenn Sie beispielsweise eine Fototasse bis 16 Uhr bestellen, haben Sie sie von Montag bis Freitag– gegen einen kleinen Aufpreis - 48 Stunden später im Briefkasten. Diese Premium-Funktion haben wir vor wenigen Wochen eingeführt, zusätzlich zu der Wahlmöglichkeit anderer Lieferoptionen die wir schon vor der letzen Weihnachtssaison lanciert hatten. Wir kombinieren dabei den Priority-Versand der Post mit einer beschleunigten Produktion. Wir kommen damit einem Kundenbedürfnis nach.

Leere Paketboxen auf Laufband

Sie sagten, die Last-Minute-Bestellungen stelle Sie vor Herausforderungen. Versuchen Sie die Leute dazu zu bewegen, sich früher um die Geschenke zu kümmern?

Wir versuchten in der Vergangenheit, Anfang Dezember monetäre Anreize zu schaffen, damit die Leute früher bestellen. Das funktionierte leider nicht wie erwartet. Wir haben bei frühzeitiger Bestellung attraktivere Aktions-Bedingugen angeboten und Umsatz eingebüsst, ansonsten haben wir nicht viel bewegt. Vielleicht starten wir mal wieder neue Versuche. Momentan fokussieren wir uns darauf, auf allen Kanälen deutlich auf die Bestellfristen hinzuweisen. Und wir haben auch eine täglich aktualisierte Übersichts-Seite erstellt, auf der man die Produkte findet, welche ab dem aktuellen Datum noch pünktlich zu Weihnachten geliefert werden. Zusätzlich arbeiten wir mit einem Countdown der zeigt, wie lange man Produkte noch bestellen kann, damit sie rechtzeitig geliefert werden.

An Weihnachten ist die Einhaltung der versprochenen Lieferzeiten besonders wichtig, weil sonst Geschenke unter dem Christbaum fehlen. Erzeugt diese emotionale Komponente einen zusätzlichen Druck?

Ja, aber wir sehen ihn als Herausforderung und nicht als Belastung. Wir sind seit 2000 online – bis 2011 noch unter dem Namen ExtraFilm. Wir haben also über 20 Jahre Erfahrung mit dem Weihnachtsgeschäft als Online-Fotoservice. Wir wissen, was uns erwartet und sind entsprechend vorbereitet: Mit einem vollen Lager und flexiblem, motiviertem Personal. Unsere Logistik-Chefin hat kürzlich gemeint, unser Unternehmen sei eine gut geölte Maschine. Der Druck ist da, aber mit einer guten Planung kann man ihn reduzieren.

Kommt es denn oft vor, dass Kundinnen und Kunden ihre Geschenke nicht rechtzeitig erhalten?

Nein. Wir haben eine sechsstellige Anzahl von Bestellungen im Dezember – und davon gibt es wirklich wenige Beanstandungen. Vielleicht hundert. 2021 hatten wir auch schon mal keine einzige Beanstandung. Gründe für Verzögerungen können auch Bezahlprobleme sein – die Onlinezahlungsanbieter stossen an Spitzentagen auch an ihre Grenzen mit den Kapazitäten. Ab und zu geben Kunden leider auch ihre Adresse falsch oder unvollständig an. Die Post findet sie zwar meistens, aber der Suchvorgang führt manchmal zu einer verspäteten Lieferung.

Apropos Post: Wie gross ist Ihr Vertrauen in die Post, wenn es um die Berechnung der letzten Bestellmöglichkeiten vor Weihnachten geht? Planen Sie Reserven ein?

Wir vertrauen der Schweizerischen Post total, was die kommunizierten Zustellfristen betrifft. Wir rechnen mit einer Reliabiltity von 97% bis 99%, was der eigenen Laufzeitkontrolle der Post entspricht. Unsere Erfahrung zeigt, dass diese Angabe korrekt ist. Das ist ein super Wert. Wir sind auch in anderen Ländern Europas tätig und da rechnen wir Best Case mit 93% bis 95%. Da muss ich der Schweizerischen Post und all ihren Mitarbeitenden wirklich mal ein Kränzchen winden. Speziell in der Weihnachtszeit merken wir, wie seriös und professionell die Post ihre Kapazitäten plant und dann auch realisieren kann. Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass es nicht selbstverständlich ist, dass die Mitarbeitenden diesen Extra-Aufwand bis kurz vor Heiligabend auf sich nehmen. Dafür sind wir sehr dankbar.

Wie viele Pakete verlassen in der Weihnachtszeit pro Tag Ihr Unternehmen?

An Spitzentagen verlassen bis zu 40'000 Sendungen unsere zwei Labors.

Wie bereiten Sie sich in der Produktion vor auf die Spitzenzeiten?

Wir haben unsere Lager grosszügig gefüllt, 5 Prozent über der prognostizierten Menge. Wir bereiten uns auch im Druck, unserem einzigen echten Flaschenhals, vor: Wir arbeiten jetzt da schon drei Schichten an sieben Tagen. Den Sonntag haben wir als Reservepuffer eingeplant – den haben wir bei den Berechnungen der Bestellfristen nirgends eingerechnet. Weil man nicht alles ganz genau voraussagen kann. Auch im Kundendienst haben wir mehr Leute eingestellt. Viele Mitarbeitende arbeiten bei uns unter dem Jahr Teilzeit, stocken in der Weihnachtszeit aber auf. Dasselbe im Labor. Wenn einmal alle Stricke reissen, kommt es auch mal vor, dass das Marketing und die Administration im Labor mitanpacken. Sogar der Group CEO stand einmal in einer Verpackungsstrasse und ich war in der Sortierung tätig – ein Bereich, der in der Zwischenzeit aber vollautomatisiert ist.

Täuscht der Eindruck oder kämpfen in der Schweiz sehr viele Anbieter um die Gunst der Fotoartikel-Kunden?

Es ist tatsächlich ein sehr umkämpfter Markt mit vielen Anbietern. Aber massgebliche Anbieter mit einem nennenswerten Marktanteil sind etwa fünf. Mit ihnen treffen wir uns regelmässig und tauschen uns im Sinne eines losen Interesseverbandes über die Herausforderungen der Branche aus. Wir haben beispielsweise alle mit den stetig steigenden Kosten für Google Ads zu kämpfen.

Was verbinden Sie persönlich mit Weihnachten?

Als Kind hatte ich ein ambivalentes Verhältnis zu Weihnachten, weil ich am 26. Dezember Geburtstag habe und es deshalb meist nur einmal Geschenke gab (lacht). Heute ist mein Verhältnis zu Weihnachten geprägt von der intensiven, manchmal auch stressigen Zeit im Geschäft. Die hat aber auch viele schönen Seiten: Es ist was los und viele Kundinnen und Kunden sind uns dankbar, schicken unserem Kundendienst sogar manchmal Blumen. Fotogeschenke sind eben emotionale Geschenke.

Über smartphoto

Die Firma smartphoto AG mit Sitz in Pratteln (BL) war von 1995 bis 2011 in der Schweiz unter dem Namen ExtraFilm AG tätig. Sie ist ein Tochterunternehmen der smartphoto group NV. Die Gruppe mit Sitz in Belgien ist in 12 europäischen Ländern ansässig und zählt europaweit zu den grössten digitalen Online-Fotoservice-Anbietern. Das Sortiment besteht aus über 900 personalisierbaren Fotoprodukten, die direkt online – ohne Software-Download – gestaltet werden können. Das Produktportfolio umfasst die Kategorien, Fotokalender, Fotogeschenke (Kissen, Tassen, T-Shirts, Handyhüllen…), Fotobücher, Grusskarten, Wanddekoration (Leinwände, AluDibond, Acryl…), Fotoabzüge und neu auch Namensetiketten.

www.smartphoto.ch

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