Wie ein Stapel transparenter Kisten

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Wie ein Stapel transparenter Kisten

Ein neues Zauberwort geistert durch die Logistikbranche: Blockchain. Was ist das, wie verändert diese Informationstechnologie die Logistik, wo steht die Schweizerische Post? Im Gespräch: Archana Jacob, Leiterin Internet of Things, Data & Blockchain bei PostLogistics.

Frau Jacob, erklären Sie einem Laien in drei Sätzen, was Blockchain ist.

Ich versuche es mit einem Bild: Blockchain ist wie ein Stapel mit transparenten Kisten. Jede Kiste enthält Informationen, die für alle an einer bestimmten Transaktion Beteiligten einsehbar sind. Die Beteiligten können neue Kisten auf den Stapel legen, die Informationen in den bereits gelegten Kisten sowie deren Reihenfolge aber nicht verändern.

Das ist Blockchain?

Ich hatte ja nur drei Sätze ... (lacht). Blockchain ist ein Begriff, der gleichzeitig eine Software, einen Algorithmus und ein dezentrales Datenbanksystem beschreibt. Letztlich ist es eine digitale Informationskette, die eine im Internet getätigte Transaktion zwischen mehreren Geschäftspartnern lückenlos erfasst. Sobald ein Partner eine Aktion tätigt, werden alle informiert. Um ein anderes Bild zu gebrauchen: Blockchain ist wie ein internetbasiertes gemeinsames Geschäftsbuch. Alle Partner haben jederzeit Einsicht, alle Partner müssen jeder Transaktion zustimmen.

Und was bringt das?

Blockchain schafft Vertrauen. Ob jemand im Internet derjenige ist, für den er sich ausgibt, ob er aus lauteren oder unlauteren Motiven handelt, ist oft schwer feststellbar. Wickeln Partner ein Geschäft mithilfe einer Blockchain ab, dann kontrollieren sie sich gegenseitig. Technisch bedeutet dies, dass jede Transaktion auf die Computer aller Partner gespielt wird. Sobald alle Partner die Transaktion bestätigt haben, wird die «Informationskiste» versiegelt und auf den Stapel gelegt. Erst dann kann eine nächste Transaktion erfolgen.

Resultieren daraus ökonomische Vorteile?

Ja. In vielen Fällen braucht es keine Mittler mehr, die eine Transaktion ausführen und/oder kontrollieren sowie die Geschäftspartner darüber informieren. Damit fallen Provisionen weg. Zudem ist Blockchain in der Regel schneller als ein Mittler.

Die Blockchaintechnologie wurde durch die Kryptowährung Bitcoin bekannt. Jetzt soll sie die Logistik revolutionieren. Machen Sie uns ein alltägliches Anwendungsbeispiel?

Wer Wein in Italien bestellt, erhält meist wenige Informationen über die Art und Weise des Transports in die Schweiz. Bestenfalls kann der Besteller via Internet verfolgen, welche Punkte die Sendung passiert: Lager verlassen, Verzollung erfolgt… Er erhält aber keine Informationen darüber, warum seine Ware allenfalls zwischen zwei Punkten feststeckt und ob sie unterwegs Temperaturschwankungen ausgesetzt ist. Die Beteiligten können sich nun darauf einigen, solche Informationen mit technischen Hilfsmitteln wie Sensoren zu erfassen und in einer Blockchain abzubilden. So sind immer alle aktuell informiert und können bei Bedarf Einfluss auf den weiteren Transportverlauf nehmen.

Die Blockchaintechnologie in der Logistik – wo orten Sie Potenzial?

Es gibt viele Einsatzbereiche. Von der Sendungsverfolgung haben wir schon gesprochen. Andere Einsatzgebiete sind Garantien zur Echtheit und Herkunft von Waren, die Einhaltung regulatorischer Rahmenbedingungen, die Klärung von Haftungs- und Versicherungsfällen, die Aufdeckung von Betrugsfällen oder die Verzollung.

Sind Blockchains nur für Grosskonzerne von Bedeutung oder auch für KMU?

In den Neunzigerjahren hätten Sie genauso gut fragen können, ob das Internet auch für KMU von Bedeutung ist… Die Nachfrage der Kundinnen und Kunden nach Blockchainlösungen wird steigen. Also sollte man sich die entsprechenden Kompetenzen aneignen – ob Gross- oder Kleinunternehmen spielt keine Rolle. Wer rasch auf diese Entwicklung reagiert, hat Vorteile.

Wo steht die Post?

Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Thema. Im Fokus steht die Frage, wie wir dank Blockchains neuartige Dienstleistungen für unsere Kundinnen und Kunden schaffen können. Zurzeit laufen Pilotprojekte mit dem Ziel, die Praxistauglichkeit zu validieren.

In welchen postrelevanten Bereichen werden Blockchains künftig eine Rolle spielen?

Sicher im Bereich der Zusatzleistungen. Es könnten sich neue Möglichkeiten für den Nachweis der Unversehrtheit einer Ware oder für die Einhaltung regulatorischer Vorschriften ergeben. Blockchains könnten auch helfen, Haftungs- und Versicherungsfragen bei der Beschädigung von Paketen zu klären. Schliesslich werden Blockchains komplexe Prozesse effizienter machen – beispielsweise die Materialbewirtschaftung vereinfachen oder die Rechnungsabwicklung beschleunigen. Das ist kostenrelevant.

Wann werden die Kundinnen und Kunden der Post von entsprechenden Lösungen profitieren können?

Wir machen erste Gehversuche, dabei kommen einige Kunden bereits mit den Vorteilen von Blockchains in Berührung. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis weitere Kunden direkt oder indirekt profitieren werden.

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