Schweizer Onlinehandel stärken

Sprachnavigation

Schweizer Onlinehandel stärken

Das revidierte Mehrwertsteuergesetz schafft Privilegien ausländischer Onlineanbieter ab. Darunter die Mehrwertsteuerbefreiung bei der Einfuhrsteuer bis zu einem Warenwert von 62 Franken. Diese Änderung tritt allerdings mit einem Jahr Verzögerung in Kraft. Dafür gibt es gute Gründe.

Produkt, Service, Preis: Nach diesen Kriterien wählen die meisten Konsumenten ihren Onlineanbieter aus. Ist das Produkt bei verschiedenen Anbietern identisch – Beispiel Markenartikel – bleiben Service und Preis zur Differenzierung. Beim Service können inländische Anbieter gegenüber ausländischen meist punkten. Beim Preis wird der Wettbewerb jedoch härter. Jeder Rappen zählt. Umso stossender, dass sie bei der Mehrwertsteuer mit kürzeren Spiessen kämpfen: Ausländische Anbieter beziehungsweise deren Kunden in der Schweiz zahlen bis zu einem Warenwert von 62 Franken inkl. Transportkosten* keine Einfuhrsteuer, aber nicht mehr lange...

Die Politik hat reagiert und mit einer Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes verschiedene Wettbewerbsnachteile beseitigt. Darunter auch die sogenannte Versandhandelsregelung – also die oben geschilderte Diskriminierung inländischer Onlineshops. Der Wermutstropfen: Diese Regelung tritt erst auf Anfang 2019 in Kraft, während alle anderen Teile der Revision bereits per Januar 2018 rechtskräftig werden. Das ist unschön, aber unvermeidlich. Denn hinter der Mehrwertsteuererhebung für Waren, die über den Postkanal importiert werden, steckt eine komplexe Mechanik. Und diese muss neu justiert werden.

Die Freigrenze fällt

Heute funktioniert diese Mechanik so: Ab einem Warenwert von 62 Franken (bei einem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 2,5 Prozent ab 201 Franken) muss die Post die Einfuhrsteuer erheben. Sie kassiert diese beim Warenempfänger ein. Per Nachnahme. Mehrwertsteuerpflichtig ist also der Empfänger. Mit der Gesetzesrevision erfolgt ein Paradigmenwechsel: Ab 2019 ist der ausländische Lieferant steuerpflichtig, sofern er in der Schweiz mit abgabefreien Kleinsendungen einen Jahresumsatz von über 100'000 Franken realisiert. Er wird damit den inländischen Mitbewerbern gleichgestellt und muss die Mehrwertsteuer auf seine Preise schlagen – auf alle, denn die Freigrenze fällt.

In der Praxis bedeutet dies, dass sich jeder ausländische Lieferant, der die genannten Kriterien erfüllt, bei der Mehrwertsteuer registrieren muss. Auch der Onlineshop in Singapur oder São Paulo. Die Steuerverwaltung und die Post stehen also vor einer gewaltigen kommunikativen und administrativen Aufgabe. Mehr noch: Um die Einfuhren steuertechnisch korrekt zu erfassen, muss die Post ihre IT-Prozesse anpassen. Kommunikation und IT-Umstellung: Beides braucht Zeit.

Die Umstellung braucht Zeit

«Wir haben die Behörden rechtzeitig darüber informiert, dass ein Systemwechsel bis am 1. Januar 2018 nicht realistisch ist und deshalb beantragt, die Inkraftsetzung der Versandhandelsregelung um ein Jahr zu verschieben», sagt Felix Stierli, Leiter Postverzollung bei der Post. Die Post stehe hinter der Gleichstellung von in- und ausländischen Onlineanbietern. Aber: «Wir wollen sicherstellen, dass der Systemwechsel reibungslos und gesetzeskonform erfolgt.»

Die Post ist noch mit einer weiteren Herausforderung konfrontiert: Laut Gesetz wird die Einfuhrsteuer mit der Verzollung fällig. Mit anderen Worten: Die Post muss den Betrag an die Steuerverwaltung überweisen, bevor sie ihn beim Lieferanten einkassieren kann. «Wir spielen Bank und tragen das Debitorenrisiko», sagt Felix Stierli. Letzteres sei nicht unerheblich. «Im Gegensatz zu anderen Logistikern haben wir keine direkten Kundenbeziehungen zu den ausländischen Lieferanten. Diese geben ihre Paketsendung bei der Postorganisation ihres Heimatlandes auf. Das erschwert das Inkasso.»

Importverzollung

*alle Beträge verstehen sich inkl. Transportkosten

Fanden Sie diesen Artikel interessant?

Melden Sie sich für unseren Newsletter an.

Jetzt anmelden